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SEBASTIAN MAAS
A SWEET TOUCH

06.09.2024 - 06.10.2024

Willkommen in Sebastian Maas’ ikonoklastischem Lustgarten für visuell angeleitete Wechselbäder, in dem glotzende Halbwesen, rasende Hundemeuten und kreischende Zebras eindringlich um Aufmerksamkeit buhlen. In seinen neuesten Werken packt Maas die Betrachtenden am nostalgisch schweren Herzen und drückt dabei so fest zu, dass nicht klar ist, ob es gefällt oder nicht schon wehtut. Dahinter steckt ein sorgfältig inszenierter und orchestrierter Zusammenprall an sich unvereinbarer visueller Kulturen, getragen von Maas’ Bestreben, das Gefallen als moralisches Phänomen in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken.

Geschichten, Fabeln, Mythen und Scheinallegorien geben sich ein Stelldichein – in Sebastian Maas’ jüngster kontrastreicher Werkgruppe wird gejagt, zerfleischt, geliebt und metamorphosiert, und das in üppiger, virtuell durchdrungener Vegetation. Seine Bilder beschwören ein Reich voller Fantasie und Möglichkeiten herauf, in dem sich die Wesen und Erscheinungen scheinbar unentwegt an der Schwelle zur Verwandlung befinden – mal schön, mal befremdlich, mal undefinierbar geraten die Betrachtenden unweigerlich zwischen die ästhetischen Fronten. In Die große Umarmung (2024) etwa schieben sich pinke Farbflächen auf den Rücken eines lebensgroßen Zebras und lächeln die Betrachtenden schräg an. Ein abstraktes Wesen formiert sich, irgendwo zwischen Raubtier und Wärmedecke oszillierend, während pastellige Gemütlichkeit auf kolonialen Chic, Heimatgefühl und präzisen Pop-Dilettantismus trifft. Der ästhetische Konflikt ist damit Teil der Sache – mit einer kraftvollen Mischung aus Aquarell, Acryl- und Ölfarben lässt Sebastian Maas Farben, Formen und Stile unentwegt über die Leinwände mäandern und triggert mit einem ästhetischen Amalgam aus hoher Kunst und spielerischer Offenheit das menschliche Bedürfnis nach Kategorisierung und Einordnung. Es ist eine Einladung des Künstlers, sich mit dem eigenen Gefallen, dem eigenen ästhetischen Urteil zu beschäftigen, um eine tiefere und bewusstere Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und dem Zeitgeist zu ermöglichen.

 

Mit einer gehörigen Portion Ironie macht uns Maas in A Sweet Touch (2024) wie unter einem Brennglas die heute mehr denn je notwendige Emanzipation der ästhetischen Urteilskraft deutlich: Zwei oberitalienische Schönheiten mit kaum subtilem Schlafzimmerblick sorgen im Garten des elterlichen Anwesens bei Florenz beim vorbeiziehenden Publikum für Aufsehen. Diese „handfeste“ Allegorie der Schönheit und Jugend, symbolisch unterstrichen mit den aufblühenden Rosen, erweist sich kompositorisch wie formensprachlich als meisterhaft und wartet mit allem auf, was im ästhetischen Sinne den klassischen Geschmack bedient. Doch handelt es sich bei A Sweet Touch um eine synthetische Ästhetik, angestoßen durch einen Prompt des Künstlers und geschaffen aus den mathematisch berechneten Wahrscheinlichkeiten einer künstlichen Intelligenz. Maas thematisiert damit neu aufkommende alternative Seherfahrungen und die Herausforderungen, die eine zunehmend künstlich durchdrungene Ästhetik für die ästhetischen und moralischen Werte mit sich bringen könnte.

 

Um seinen kompromisslosen persönlichen Stil zu entwickeln, löste sich Maas zunehmend von den Regeln und konventionellen Haltungen, die er während seines Studiums der Malerei an der Münchner Akademie der Bildenden Künste erlernt hatte. Er führte zunächst dekontextualisierte Elemente aus der alltäglichen Bilderflut, historische Bildzitate und Objekte collagenartig in seinen Werken zusammen und machte sich das Dargestellte durch gezielte, oft fantastisch anmutende, teils respektlos wirkende Modifikationen zu eigen. Eine künstlerische Haltung, die ihn mit der Strömung des „Bad Painting“ verknüpft, die von der Kunsthistorikerin und Gründungsdirektorin des New Museum of Contemporary Art in New York, Marcia Tucker, erstmals in den 1970er Jahren theoretisiert wurde.

Ausstellung

6. September - 6. Oktober 2024

Türkenstr. 32, 80333 München

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